Sie strahlt vor Lebensfreude und jugendlichem Esprit und das spiegelt sich auch in ihrer Kunst und ihrer Villa wider: bunt, extravagant und sexy. Simone Gutsche-Sikora, von ihren Freundinnen und Freunden liebevoll „Gutschi“ genannt, ist eine der erfolgreichsten zeitgenössischen Künstlerinnen Österreichs. Als international gefragtes Model hat sie die Laufstege dieser Welt erobert und sich von den Erfahrungen rund um die Welt inspirieren lassen. Paris, New York, Peking – auch die Liste ihrer internationalen Ausstellungen ist lang. Die Industriedesignerin und Künstlerin ist nicht nur mit ihren Bildern erfolgreich, sie designt auch extravagante Möbelbeschläge, riesige Luster und Leuchten, luxuriöse Suiten und Hotelzimmer, feines Porzellan, einzigartige Balance Boards, Taxis und Weinetiketten. Gerade entwickelt sie eine Weltneuheit mit: Ihre Bilder werden zu strukturalen Klangkörpern. Was sie inspiriert, was ihr Beauty-Geheimnis ist, wie sie sich so jung und vital hält und was es mit ihrer großen Liebe zu Joop auf sich hat, hat uns die sympathische Wahloberösterreicherin im Coverinterview erzählt.
Frau Gutsche-Sikora, Sie sind in Berlin geboren und aufgewachsen und kamen 1989 nach Wien. Was hat Sie nach Österreich verschlagen?
Ich bin in Ostberlin aufgewachsen und habe in der DDR gemodelt. Das war eine richtige Fixanstellung in einer festen Showgruppe mit Choreografien und wir sind bis zu 18 Modenschauen am Tag gelaufen. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Das Modeln und auch die Liebe haben mich dann nach Wien verschlagen.
Sie haben eine Ausbildung zur Industriedesignerin absolviert. Wie kam es dazu?
Ich wollte schon von klein auf handwerken. Die anderen Mädchen haben sich eine Puppenstube gewünscht, ich habe von meinem Vater einen Schraubstock bekommen und mit ihm in der Werkstatt gearbeitet. Industriedesign war damals also ein perfekter Job für mich und die Ausbildung kommt mir bis heute, auch in Kombination mit meiner Malerei, sehr zugute.
Hotel-Interieur, Beleuchtung, Weinetiketten, Taxis – Ihre Erfahrung als Designerin scheint grenzenlos. Arbeiten Sie immer noch als Industriedesignerin?
Ja, ich designe dekorative Möbelbeschläge für die Firma SIRO. Alles, was ein bisschen außergewöhnlich und verrückt ist, kommt hier von mir. Ich habe auch tolle Aufträge der Hotelgruppe AMEDIA bekommen und für die AMEDIA Luxury Suites Graz 50 verschiedene Zimmer und Suiten gestalten dürfen. In jeder Suite hängt ein Bild von mir und rund um dieses Bild habe ich die Einrichtung gestaltet. Ein Kunstwerk zum Wohnen quasi – „50 pART’s of living“. In Zusammenarbeit mit KNY Design Austria, die die größten Luster der Welt herstellen, habe ich die erste „ART Gutsche“-Beleuchtungskollektion entworfen. Und in Kooperation mit AlfisBoard habe ich eine Balance-Board-Kollektion gestaltet. Meine Bilder wurden vor Kurzem auch auf Schieferplatten und Porzellan gedruckt. Bei „Art & Dinner“-Veranstaltungen in Wien, Linz und jetzt auch in Steyr werden meine Kunstwerke dann am Tisch präsentiert. Das sieht natürlich brillant aus, wie eine Farbexplosion.
In Ihrer Einfahrt steht ein riesiges buntes Nashorn, vor dem Pool liegt ein goldenes Krokodil und in der Küche steht ein Frauenkörper mit Bunny-Ohren am Kopf, Swarovski-Kristallen an den Schultern und einem goldenen Vogel unterm Arm. Aus welchen Materialien bestehen Ihre riesigen, bunten und extravaganten Skulpturen?
Von Kunststoff über Stein bis hin zu Eisen verwende ich die unterschiedlichsten Materialien. Die Skulpturen sind wie 3-D-Leinwände für mich. Mit Modelliermasse, Swarovski-Kristallen sowie Naturmaterialien gestalte ich dann meine Skulpturen.
Wie sind Sie zur Malerei gekommen?
Schon als kleines Mädchen habe ich den Pinsel in die Hand genommen. Ich habe erst später erfahren, dass mein Großvater, den ich leider nie kennengelernt habe, Maler war. Meine Mutter hat in meiner Jugend oft zu mir gesagt: „Simone, bitte geh‘ mal in die Disco! Du darfst eine Stunde später zurückkommen als alle anderen und du darfst auch mal Alkohol trinken …“ (lacht). Mich hat das alles nicht interessiert, ich wollte immer nur malen.
Was möchten Sie mit Ihrer Kunst ausdrücken?
Ich wünsche mir, dass die Menschen, die meine Kunst betrachten, genauso viel Freude beim Ansehen haben wie ich beim Malen, Erschaffen und Gestalten. Ich möchte mit meiner Kunst Freude bereiten, und dass sich die Menschen in den von mir gestalteten Hotelzimmern wohlfühlen – dann habe ich meine Mission erfüllt!
Meine Bilder fungieren quasi als strukturale Klangkörper. Das ist eine Weltneuheit, die es so noch nicht gibt!
Mit welchen Materialien arbeiten Sie am liebsten?
Ich male mit Öl- und Acrylfarben und verwende auch gerne Gold, Kupfer und Silber. Auch mit Kristallen, Leder und Fellen arbeite ich gerne. Mit dem Inhaber der Firma Cale aus Linz, der mittlerweile ein guter Freund von mir ist, bin ich gerade an einem spannenden Projekt dran. Er ist ein richtiges Tüftlergenie und in Kombination mit meiner Kreativität ermöglicht uns das eine Weltneuheit: Sound-Bilder.
Können Sie das näher erklären?
Meine Kunstwerke bekommen eine Flüssigglas-Ummantelung und mit einem kleinen bisschen Technik kann man dann über meine Bilder Musik hören. Die Bilder fungieren quasi als strukturale Klangkörper – und das alles ohne Lautsprecherboxen. Das Bild wird mit einer Stromquelle versorgt und dann kann man sich über Bluetooth verbinden und darüber Musik abspielen. Das ist eine Weltneuheit, die es so noch nicht gibt!
Wer oder was inspiriert Sie?
Das Schöne am Leben. Ich war durch das Modeln auf allen Kontinenten unterwegs, und als ich von meinen Reisen nach Hause kam, habe ich mein Erlebtes und das, was mich fasziniert hat, auf die Leinwand gebracht.
Nicht nur als Model sind Sie durch die Welt gejettet, sondern auch als Künstlerin: Paris, Monaco, New York, Peking – die Liste Ihrer internationalen Ausstellungen ist lang. Was war für Sie der größte Erfolg in Ihrer Karriere?
Für mich gab es unglaublich viele Erfolge, aber was mich besonders stolz gemacht hat, war, als Galerien auf mich zukamen und bei mir anfragten, ob ich mit ihnen ausstellen möchte. Das bedeutet, dass meine Arbeit in der Kunstbranche wirklich geschätzt wird, und das ist ein Riesenerfolg. Seit einigen Jahren bin ich auch im Artnet vertreten (Anm. d. Red.: Die Artnet AG ist ein börsennotierter Onlinedienstleister für den internationalen Kunsthandel). Wenn man darin gelistet ist, hat man ein Branding, einen Wert. Auch in dem Kunstlexikon „Art & Price Index“ von Reinhard Fuchs, in dem über 16.000 Beispiele zu sehen sind, scheine ich auf. Von den 16.000 Beispielen sind nur 25 mit Bildern illustriert und meines ist dabei. Van Gogh und Gutsche untereinander – und das als noch lebende weibliche Künstlerin. Das ist so eine große Ehre! (strahlt)
Auf Ihren Bildern sind oft Tiere, am häufigsten Pferde, besser gesagt schwarze Friesen, zu sehen. Wie entstand diese Liebe zu den edlen Geschöpfen auf vier Hufen?
Gesehen und verknallt (lächelt). Ich muss gestehen, dass ich früher eine extreme Pferdephobie hatte. Nicht nur Respekt, sondern wirklich Angst. In diesem Zustand begleitete ich damals meine Freundin ins „Horse Training Center Hellmayr“ in Stadl-Paura. Da sah ich den Friesenhengst das erste Mal, wie er auf mich zukam, sich in den Sand schmiss, herumkullerte, wieder aufsprang, sich abschüttelte und wieder weg war. Da sagte ich: „Mah, der ist ja wie ich!“ (lacht) Eine halbe Stunde später habe ich ihn gekauft. Mit zittriger Hand habe vor 15 Jahren den Kaufvertrag unterschrieben. Als Herr Hellmayr mir dann verraten hat, dass der Friesenhengst „Joop“ heißt, sagte er unter schallendem Gelächter: „Eines weiß ich jetzt schon Gutschi, wenn du soweit bist, dass wir mit dir eine Show reiten können, dann werde ich dich ganz großartig ankündigen können: ‚Meine Damen und Herren, Sie sehen jetzt die Gutschi am Joop mit einer Traversace am Lagerfeld – aber bitte nicht so Chanel!‘“ Joop ist die Liebe meines Lebens und hat mir so viele Türen geöffnet. Und er ist eine meiner größten Inspirationen, im Leben und in der Malerei.
Wie konnten Sie die Furcht vor ihm überwinden?
Immer mit einer Brechschüssel im Auto (lacht). Wenn ich von Steyr nach Stadl-Paura in den Stall gefahren bin, musste ich mich immer ein bis drei Mal übergeben vor Aufregung. Aber ich habe mich durchgebissen und jedes Erfolgserlebnis hat mich stärker und sicherer gemacht. Heute arbeite ich total gerne in Bodenarbeit mit ihm. Dieses Glücksgefühl nach der Arbeit mit ihm lässt mich bis heute schweben.
Joop wird dieses Jahr zwanzig Jahre alt. Wie geht’s ihm?
Es geht ihm sehr gut. Er steht in seiner Herde und wartet jeden Tag auf mich. Gerade in Zeiten wie diesen ist es das schönste Gefühl, in den Stall zu kommen und die Sorgen vor der Tür zu lassen. Andere gehen zur Vitamin-C-Infusion und ich gehe in den Stall (lächelt).
Am 16. Mai 2023 sind Ihre Werke bei der Vernissage „Spring to Spring“ im Integrativen Reitzentrum St. Isidor der Caritas OÖ zu sehen. An diesem Abend wird auch ein Kunstwerk von Ihnen versteigert. Der Erlös kommt dem Integrativen Reitzentrum St. Isidor zugute. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Meine Freundin Conny Dürnberger, die im Veranstaltungskomitee der „Spring to Spring“-Charity ist, hat mir von diesem Projekt der Caritas Oberösterreich erzählt. Das fand ich ganz toll, und sie schlug mich als Künstlerin für die Vernissage vor.
Haben Sie auch Erfahrung mit Therapiepferden?
Ja klar, mit meinem (lacht). Joop und ich haben uns gegenseitig therapiert. Er hat mir die Angst vor Pferden genommen, und ich habe ihm gezeigt, dass er mir vertrauen kann. Als ich ihn das erste Mal am Strick in die Hand gedrückt bekommen habe, habe ich zu ihm gesagt: „Joopi, können wir uns versprechen, dass wir uns nie wehtun?“ So hat unsere besondere Geschichte begonnen (lächelt).
Kaum zu glauben, aber wahr: Sie werden heuer im November 60 Jahre alt. Was ist ihr Beauty-Geheimnis?
So ganz habe ich meinen runden Geburtstag dieses Jahr selbst noch nicht realisiert. Ein bisschen Zeit habe ich ja auch noch (lacht). Ich bin super dankbar, dass ich so fit und gesund bin. Ich glaube, ein Teil sind sicher die guten Gene, aber ein großer Teil ist bestimmt auch meine positive Lebenseinstellung.
Wie halten Sie sich so jung? Achten Sie auf Sport und Ernährung?
Sport und Bewegung waren schon immer Teil meines Lebens. Ich schwimme total gerne, das ist für mich wie Meditation und da kommen mir die besten Ideen. Ich esse mittlerweile sehr wenig Fleisch, nur zu besonderen Anlässen, und dann auch nur von guten Höfen, das ist mir sehr wichtig. Sonst möchte ich mir aber nichts verbieten und das Leben genießen. Als ich gemodelt habe, mussten wir auf so vieles verzichten. Ich liebe Schlagsahne und mach‘ mir nachts, beim künstlerischen Arbeiten, eine Schüssel zum Naschen (lächelt). Dafür brauche ich keinen Zucker im Leben, außer den im Wein (lacht).
Und mental?
Ich spüre das innere Glück total, und das hat für mich weniger mit monetären Dingen oder großen Reisen zu tun, sondern mehr damit, sich an kleinen Dingen zu erfreuen, wie dem Erblühen der Natur jetzt im Frühling. Die Kleinigkeiten des Lebens sehen und erkennen zu können, ist tief in mir verankert. Ich habe mir immer mein inneres Kind bewahrt und lasse es auch regelmäßig raus (lächelt). Auch meine Kunst hält mich jung, da sprudeln die Ideen nur so. Oft bräuchte ich zehn Gutschis, um alle meine Ideen umsetzen zu können.
Oft bräuchte ich zehn Gutschis, um alle meine Ideen umsetzen zu können.
Welcher Lebensabschnitt war bis jetzt Ihr liebster?
Das kann ich so nicht beantworten, weil jeder auf seine Art toll war. Es ist so aufregend, was man alles erleben darf. Je besser man verwurzelt ist, desto mehr Stürme können kommen und es schmeißt einen nichts mehr um. Ich habe mir mein Busi-
ness langsam aufgebaut und liebe mein Leben – dafür bin ich sehr dankbar.
Was ist das Beste an der neuen Lebensphase?
Die innere Ruhe und Gelassenheit. Früher habe ich mir viele Gedanken gemacht, ob und wie ich wo reinpasse, wie mein Körper aussieht, wie meine Arbeit ankommt … Jetzt bin ich angekommen, und die innere Gelassenheit hat sich in meinem Leben manifestiert.
In Österreich kann man als Frau mit 60 in Pension gehen. Ist das Ihr Plan?
Klar! Aber Kunst werde ich mein Leben lang machen und bestimmt irgendwann mit einem Pinsel in der Hand umfallen. Die Kunst ist mein Lebenselixier, die Neugierde ist mein Antrieb.
Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich raten?
Früher schlafen zu gehen! (lacht)Ich arbeite sogar heute noch oft bis drei oder vier Uhr in der Früh, das ist einfach meine Zeit. Das würde ich der jüngeren Gutschi raten, und dass sie sich mehr aufs Sprachenlernen konzentrieren sollte, dafür hatte ich nie die innere Ruhe.
Na vielleicht kommt diese ja jetzt. Worauf freuen Sie sich in Ihren Sechzigern?
Auf hoffentlich genauso viele Ausstellungen und genauso viel Inspiration. Diese Gelassenheit, weiterhin genießen zu können, gepaart mit Gesundheit und Kreativität. Und diesen inneren Antrieb, dass das nächste Bild noch besser wird als das vorherige. Ich möchte das Leben weiterhin in vollen Zügen genießen, mit meinem Partner und meinen Tieren – das wünsche ich mir. Und vielleicht wirklich irgendwann doch noch einmal Italienisch oder Spanisch lernen (zwinkert).